Manfred Weißbach führt Polizeidirektion Görlitz

Manfred Weißbach führt Polizeidirektion GörlitzGörlitz, 4. Mai 2019. Von Thomas Beier. Die Polizei ist vermutlich die bestorganisierte Organisation im Freistaat Sachsen. Wenn da ein Stuhl frei wird, kann das ein großartiges Stühlerücken auslösen: Der durchaus medienwirksame Leiter der Polizeidirektion Leipzig Bernd Merbitz hat es hinter sich und verabschiedete sich in den Ruhestand. Auf seinem Stuhl sitzt nun Torsten Schultze, der zuvor in der Polizeidirektion Görlitz den Hut aufhatte. Den Job in Görlitz hat gestern Manfred Weißbach übernommen. Der ist erfahren in Praxis und Theorie.
Abbildung oben: Mit einem Einführungsküsschen beginnt der neue Karriereabschnitt für Manfred Weißbach

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Mehr Polizei und mehr Überwachung bedeuten weniger Kriminalität?

Mehr Polizei und mehr Überwachung bedeuten weniger Kriminalität?
Von links: Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller, Polizeipräsident Manfred Weißbach und Ministerpräsident Michael Kretschmer

Es besteht kein Zweifel, dass wir eine leistungsfähige Polizei aus klugen Polizisten benötigen, deren Horizont über die Kenntnis von Vorschriften hinausreicht. Da trifft es sich gut, dass Weißbach neben der Leitung des Führungsstabes in der Görlitzer Polizeidirektion und beispielsweise als Referatsleiter "Einsatz/Führungs- und Lagezentrum" in der Polizeidirektion Dresden sowie als Leiter des Führungsstabes in der früheren Polizeidirektion Riesa auch Erfahrungen mitbringt als Prorektor und Professor an der Hochschule der sächsischen Polizei (FH).

Aktuell wird in Görlitz zur Bekämpfung der Kriminalität ja stark auf die Polizei und neuerdings – siehe jüngster Stadtratsbeschluss zur Finanzierung – auf Videoüberwachung gesetzt. Damit einher geht die Frage: Wie viel polizeiliche Überwachung verträgt eine offene Gesellschaft? Schon jetzt fühlen sich Leute jüngeren und mittleren Alters durch die im Stadtbild sichtbare Polizeipräsenz in Görlitz abgeschreckt – wohlgemerkt: Nicht etwa Leute mit irgendwelchen verbotenen Absichten, sondern solche, die ein bunte und vernunftgeprägte Stadtgesellschaft genießen möchten. Dass man Kriminalität durch harte Polizeipräsenz und drastische Strafen nicht in den Griff bekommt, ist in den USA längst bewiesen. Viel interessanter und erfolgversprechender sind Ansätze aus der Weimarer Republik, in der übrigens die Grundlagen der heutigen Sozialpolitik gelegt wurden, unterbrochen durch den rechtskonservativ beförderten Nationalsozialismus, in dessen Herrschaftszeit man schon mal vorbeugend verknackt wurde, "Schutzhaft" genannt.

Zur Videoüberwachung in Görlitz ist in einem sozialen Netzwerk des Internets die Frage zu entdecken "Wer soll sich all diese Videos angucken?" Eine reichlich naive Frage, schafft die Videoüberwachung samst automatisierter Auswertung – eines der Spielfelder der "Künstlichen Intelligenz" – doch die Möglichkeit des Trackings und des Auffindens von Personen per Gesichtserkennung. Die Verknüpfung mit Big Data schafft gläserne Menschen, von deren vollständiger digitaler Abbildung weder die gläserne Frau im Dresdner Hygienemuseum noch George Orwell auch nur ansatzweise je etwas ahnten. Das führt zum Gedanken, dass man nicht alles nutzen muss, was technisch möglich ist, was aber Vater Staat nicht davon abhalten wird, es zu tun.

Werden aber umfassend Daten über Bürger ohne jeden Anfangsverdacht erhoben, tun sich zwei Abgründe auf: Wer bewertet diese Daten, wie schnell gerät jemand in Verdacht, nur weil seine gesetzeskonforme Lebenswirklichkeit nichts mit der seiner Überwachers oder den Vorgaben eines programmierten Algorithmus zu tun hat? Die Erfahrungen, die "junge Leute in bunten Autos" gelegentlich bei Verkehrskontrollen machen, zeigen, wie Lebenseinstellungen und Vorurteile aufeinanderprallen können. Schlimmer noch, wenn die Demokratie der Eigendynamik einer totalitären Bewegung unterliegt und die installierten Überwachungsmöglichkeiten damit in undemokratische Hände gelangen.

Deshalb ist es so wichtig, wie eine Polizeidirektion ihre Arbeit gestaltet zwischen Bürgernähe und Kriminalitätsprävention sowie Kontrolle und Ermittlung. Besonders die Krimninalitätsprävention kann nicht alleinige Polizeiaufgabe sein, hier geht es auch um die Entwicklung und Durchsetzung von Werten und Verhaltensnormen außerhalb der polizeilichen Arbeit. Für seinen neuen Job ist Manfred Weißbach jedenfalls viel Kraft und stets das rechte (nicht politisch!) Augenmaß zu wünschen.

Die Polizeidirektion Görlitz ist für die Landkreise Görlitz und Bautzen zuständig. Hier arbeiten mit zirka 1.450 Beschäftigten knapp halb so viele wie in der größten sächsischen Polizeidirektion in Leipzig. Eine Besonderheit der Görlitzer Polizeidirektion sind die EU-Binnengrenzen zu Polen und Tschechien.



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  • Erstellt am 04.05.2019 - 10:16Uhr | Zuletzt geändert am 04.05.2019 - 11:22Uhr
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