Kreatives Sachsen: Jetzt auch in Zittau
Zittau, 22. September 2017. Gestern wurde im Wächterhaus auf der Inneren Weberstraße 16 eine Beratungsstelle für Kultur- und Kreativschaffende eröffnet. Solche Beratungsstellen gibt es in ganz Sachsen, so auch in Görlitz, Bautzen, Kamenz und Hoyerswerda. Der Freiraum Zittau e.V., der im Wächterhaus seinen Sitz hat, nutzte zu Veranstaltungsbeginn die Gelegenheit, sich und seine Projekte vorzustellen.
Wer in einem schöpferischen Beruf selbständig ist, sollte das nutzen
An wen sich die Beratungsstelle für Kultur- und Kreativschaffende richtet, hatte der Zittauer Anzeiger ausführlich vorgestellt. Immerhin, so listet der Zittauer Anzeiger auf, werden neun Sparten der Kulturwirtschaft zugerechnet, die Kreativwirtschaft bringt es auf drei. Dabei geht es stets um schöpferisch tätige Unternehmen, die überwiegend erwerbswirtschaftlich orientiert sind und kulturelle Dienstleistungen oder Güter erbringen bzw. schaffen/produzieren oder verteilen.
Wie bedeutsam diese Bereiche sind, stellte Claudia Muntschick, Ansprechpartnerin und Beraterin von Kreatives Sachsen für Ostsachsen, vor. Demnach waren in Sachsen schon vor zehn Jahren soviel Beschäftigte wie in der Automobil- und Chemieindustrie zusammen in der Kultur- und Kreativwirtschaft, die nur vom Maschinenbau überflügelt wird, beschäftigt. Und es werden mehr: Während die Beschäftigtenzahlen im Produzierenden Gewerbe und im Agrarsektor drastisch sanken, stieg die Zahl der Arbeitsplätze bei Dienstleistern, die übrigens für mehr als zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts stehen, deutlich an. Wenn Sachsen nun mit einem Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft diesem Sektor unter die Arme greift, wird ein bestehder Trend forciert und nicht etwa erst neu erfunden.
Muntschick hatte viele Beispiele mitgebracht, wie Kreative mit ungewöhnlichen und cleveren Produkten Erfolg am Markt haben, darunter ein zusammenfaltbarer Betteinbau für Hochdachkombis oder Wandleuchten für Heimatfreunde – Produkte, die echte Marktnischen besetzen und zugleich an Sonderwünsche der Kunden anpassbar sind. Die engagierte, hellwache Frau bringt zu ihren kostenfreien Orientierungsberatungen also nicht nur das nötige theoretische Fundament, sondern auch einen Sack voll praktischer Erfahrungen aus der Region mit, denn aufgewachsen in Bautzen und heute in Dresden lebend kennt sie die Oberlausitz wie ihre Westentasche.
Wer die Beratungen der Sachsen-Kreativen in Anspruch nimmt, bekommt Mehrwert mitgeliefert, denn immer im Angebotstopf sind Möglichkeiten zur Vernetzung mit Partnern, die im gleichen Boot sitzen oder mit denen man sich komplementär ergänzen kann. Hinzu kommen Möglichkeiten, die eigenen Angebote bekannter zu machen; teils öffnen sich Marketingtüren, die für Kleinstunternehmen sonst verschlossen bleiben.
Claudia Muntschick, Ansprechpartnerin in der Region Ostsachsen, berät und vernetzt:
- Bautzen: an jedem zweiten Dienstag im Monat
- Dresden: jeden Montag
- Görlitz: an jedem dritten Donnerstag im Monat
- Hoyerswerda: jeden zweiten Donnerstag im Monat
- Kamenz: jeden zweiten Mittwoch im Monat
- Pirna: an jedem dritten Mittwoch im Monat
- Zittau: ab dem 17. Oktober 2017 an jedem dritten Dienstag im Monat
Nötig: Terminvereinbarung!
- E-Mail claudia.muntschick [ät] kreatives-sachsen.de
- Tel. 0371 - 56 07 94 69 (Hauptsitz)
Zittau, die sozio-kulturelle Stadt
Erst die Hillersche Villa und nun der Freiraum Zittau – das sind Kristallisationspunkte für Stadtentwicklung im Kreativ-Bereich. "Kreative mieten sich nicht im Technologiezentrum mit Rauhfasertapete an der Wand ein", weiß auch Claudia Muntschick, "Die brauchen eine anregende Atmosphäre, wollen Entwicklung erleben."Wie das funktioniert, davon konnten die Leute vom Freiraum Zittau anschaulich berichten. Indem sie das Wächterhaus nutzen, wird weiterer Verfall verhindert, zugleich gewinnen sie im wahrsten Sinne des Wortes Freiraum für Kleinkunst, Medien, Werkstätten und Think Tanks. Görlitz setzt in diesem Sinne auf das RABRYKA-Projekt, hat aber die Chance auf ein Zentrum der Poesie und bewahrenden Handwerkskunst im sogenannten Bonehaus verpasst. Dafür gibt es jetzt woanders Pläne.
Merke: Zukunft wird nicht in zentralbeheizten Häusern gebaut, sondern braucht freien Raum. "Den an geeignete Leute oder Vereine zu übergeben kommt Eigentümer oft billiger als ein Abriss, insbesondere, wenn keine Nachnutzungsmöglichkeit für das Grundstück gegeben ist", unterstreicht auch Muntschick.
Die Oberlausitzer Städte benötigen dringend den Zuzug gebildeter, tatendurstiger junger Leute. Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist dafür eine hochgeeignete Branche, sie braucht keine teuer erschlossenen Gewerbe- und Industriegebiete, hier reichen alte, leerstehende Häuser. Dazu eine Prise Projektmanagement und Beratung und schon blüht das Leben. In diesem Sinne wendet sich Claudia Muntschick, von Haus aus Architektin und Stadtplanerin, gegen den Abriss von Altsubstanz: "Solche Gebäude werden wir nie wieder bekommen." Mit einem Neubau sei das mit alten Gebäuden verbundene Flair und Lebensgefühl nie wieder zu erreichen.
Ein Projektentwickler aus Dresden zeigte mit Beispielen auf, wie durch die Gentrifizierung (Yuppisierung) Kreative aus den Großstädten verdrängt werden, was zugleich eine große Chance für den ländlichen Raum ist. Ähnlich sieht das eine Werbeagentur aus dem Landkreis Görlitz.
Nachsatz: Den Sachverstand der neuen Oberlausitzer nutzen
Doch längst ist dieser Prozess, Kreative in die Oberlausitz zu holen, im Gange. Die Architektin Luna Christine Weineck hat lange Jahre in Berlin als professionelle Stadt- und Projektentwicklerin gearbeitet und sich als Marketingexpertin darum gekümmert, dass regionale Projekte auch tatsächlich "in die Gänge" kommen. Inzwischen lebt sie in der Oberlausitz und rührt nicht nur in Ihrem tRaumpilotin-Blog die Trommel für den östlichen Teil Sachsens. "Es macht keinen Sinn, wenn Berater aus Berlin den Oberlausitzern erklären wollen, wie sie den Kreativsektor entwickeln sollen", meint sie, "Aber wenn man gewonnene Erfahrungen und engagierte Akteure sowohl aus Berlin als auch aus der Oberlausitz zielführend zusammenbringt, dann können Kreative hier wie dort davon profitieren. Und ich kann mir vorstellen, dass dann durchaus noch mehr Berliner hierbleiben würden."Dazu hat sie vor einiger Zeit den bei Architekten und Entwicklern verbreiteten Gedanken der "Raumpioniere", der stark auf Zwischennutzungen setzt, in die Oberlausitz getragen. Als Projektleiterin von "kreuzberg handelt – wirtschaften im quartier" (kbh, Download ca. 13 MB) hat Weineck bespielsweise darauf geachtet, dass von der Regionalentwicklung nicht nur wenige Akteure profitieren, sondern die Einwohner mitverdienen können. Wie wichtig soziale Innovationen für den sozialen Zusammenhalt sind, wird hier anhand von Berlin-Friedrichshain und -Kreuzberg sowie Münster (Download ca. 6,5MB) aufgezeigt.
Verwaltungen, die den urbanen Pionieren oftmals verunsichert gegenüberstehen, seien versichert: Hier geht es nicht darum, Geld auszugeben, sondern nur ein wenig Mut einzusetzen. Und das kann richtig Kosten sparen.
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- Quelle: Thomas Beier | Fotos: © Zittauer Anzeiger
- Erstellt am 22.09.2017 - 16:25Uhr | Zuletzt geändert am 09.02.2021 - 18:13Uhr
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