Gefahren aus dem Internet in neuer Qualität
Görlitz, 28. Mai 2017. Von Thomas Beier. Gerade mal 14 Tage ist es her, dass mit WannaCry der vermutlich größte Cyberangriff der Geschichte gestartet wurde: Auf infinizierten Rechnern wurden Daten verschlüsselt, die Entschlüsselung sollte nur gegen Zahlung eines Lösegeldes möglich sein. Doch wer zahlte, ging meist leer aus, denn bei der ersten Verbreitungswelle der Schadsoftware versagte die für die Zahlung in Internet-Währung und nachfolgende Entsperrung des Computers notwendige individuelle Erzeugung der Bitcoin-Adresse. Wie kann man sich vor kriminellen Machenschaften im Internet besser schützen?
Internetsurfen ist wie Motorradfahren: Der entscheidende Sicherheitsfaktor ist der Mensch selbst
Kaum wurden die WannaCry Schadsoftware und das Außmaß der Computerinfektionen bekannt, meldeten sich viele mehr oder weniger als Experten zu bezeichnende Leute zu Wort und verwiesen auf das, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, vor allem nämlich darauf, das Betriebssystem aktuell zu halten und eine Antiviren-Software zu nutzen.
Das Problem dabei ist, dass technische Schutzmaßnahmen ein Sicherheitsgefühl vermitteln, das mit der Realität nicht zwangsläufig viel zu tun hat. Das ist vergleichbar einem Motorradfahrer, der sich mit hochwertiger Schutzkleidung und einem sehr guten Sturzhelm ausstattet und vor diesem Hintergrund sich auf eine noch riskantere Fahrweise einlässt. Doch auf dem Motorrad wie im Internet ist vernüftiges Verhalten das beste Sicherheitskonzept.
Grundlegende Verhaltensregeln für das Internet
- Wichtigste Regel überhaupt: Dateianhänge nicht eindeutig vertrauenswürdiger E-Mails niemals öffnen, ganz gleich, ob es sich um Texte, Bilder, komprimierte Ordner oder anders handelt. Bei unbekanntem Absender kann als Indiz für einen Angriff die vollständige E-Mail-Adresse herangezogen werden, jedoch können auch scheinbar seriöse Absenderadressen gefälscht sein.
- Das Anklicken von Links in betrügerischen E-Mails kann auf infizierte Webseiten weiterleiten. Es empfiehlt sich, die Adresse der verlinkten Website erst anzuschauen und beim leisesten Zweifel die Seite nicht aufzurufen.
- Generell sollten nicht vertrauenswürdige E-Mails, die eingegangen sind, sofort und ungeöffnet gelöscht werden. In den vielen E-Mail-Programmen kann man E-Mails mit der Tastenkombination Umschalttaste-Entfernen (Shift-Delete) ohne Umweg in die ewigen Jagdgründe schicken – allerdings ist dann bei versehentllichem Löschen eine Wiederherstellung nicht mehr möglich.
- Das ist wie im richtigen Leben: Wer im Internet Schmuddelei sucht, holt sich schnell eine Infektion. Kriminelle, die Schadprogramme auf Computer bringen wollen, verwenden für Webseiten, die von vielen Leuten aus Neugier aufgerufen werden. Im Falle eines Falles reicht schon das Anklicken eines Bildes, um der Schadsoftware die Tür zu öffenen.
- Auch wer sich alle möglichen Programme oder Apps herunterlädt und installiert, steigert die Wahrscheinlichkeit, unerwünschte Funktionen dabeizuhaben.
- Weiter auf dem Vormarsch sind betrügerische Maschen, mit denen Menschen dazu bewegt werden sollen, einen "Vorschuss" auf eine Leistung zu zahlen oder in einer vermeintlichen Notlage zu helfen.
Betrüger werden perfekter
Noch vor gar nicht langer Zeit waren betrügerische Angebot, wie sie immer wieder per E-Mail hereinflattern, an der kurios anmutenden deutschen Rechtschreibung und Grammatik leicht erkennbar. Doch auch Betrüger lernen hinzu und legen ihre Leimruten im Internet immer perfekter aus. Bei solchen als Scamming bekannten Aktivitäten (Scamming kommt aus dem Englischen und steht für Betrug) sollte beim Internetnutzer immer dann die rote Lampe angehen, wenn beispielsweise- der Gegenüber nicht absolut eindeutig identifizierbar und verifizierbar ist (selbst ein Telefonat oder die Angabe einer Anschrift reichen dafür nicht!)
- eine besondere Kauf- oder Mietchance geboten wird, häufig verbunden mit Zeitdruck,
- Auslagenersatz oder eine Zahlung für "notwendige Anschaffungen" gefordert werden.
Letztendlich geht es immer darum, vom Opfer Geld zu erhalten. Sobald das gezahlt ist, löst sich dessen Ansprechpartner scheinbar in Luft auf.
Wenn schon im wirklichen Leben die Kontaktaufnahme zu völlig Fremden, deren Umfeld man nicht kennt, Risiken birgt, dann gilt das für die Online-Kontaktaufnahme erst recht – ganz gleich, ob über ein seriöses Dating-Portal, über eine eingegangene E-Mail oder in den sozialen Netzwerken. Bei Facebook beispielsweise kommt es immer wieder vor, dass junge Damen Freundschaftsanfragen an Männer schicken, um diese später, wenn die Emotionen den Verstand ausgeschaltet haben, abzuzocken.
Tipp für die sozialen Netzwerke: Seine Datenschutzeinstellungen sollte man eher zurückhaltend vornehmen und Freundschaftsanfragen völlig unbekannter Personen generell nicht akzeptieren – neben dem Scamming droht hier beispielsweise die Gefahr eine Wohnungseinbruchs, wenn man gerade aus dem Urlaub Fotos gepostet hat.
Bei Emotionen hilft Schutzsoftware nur sehr bedingt
Zum Glück gehen viele Betrüger noch immer sehr dämlich vor. Auf einem der gefälschten Facebook-Profile beispielsweise sah man das Gesicht einer hellhäutigen Frau, während Ihre Beine zweifelsfrei afrikanisch waren. Doch Vorsicht – wie bei gefälschten Bank-Webseiten lernen die Cyber-Kriminellen dazu und gaukeln perfekt erscheinende, schlüssige Daten und Zusammenhänge vor. Dabei sind nicht nur – wie beim "Enkeltrick" im realen Leben – ältere Menschen gefährdet, sondern auch jene, die sich eigentlich für intelligent genug halten, Betrügern nie aufzusitzen.Das ist das große Problem beim Scamming: Neugier, Geldgier und Emotionen, verbunden mit je einem Schuss an Unkenntnis und Naivität, lassen die Opfer Schritt für Schritt ins Verderben schlittern. Behandeln Sie Online-Kontakte wie Menschen vor der Wohnungstür: Nur wer vertrauenswürdig ist, dem wird geöffnet – sonst nützt nämlich selbst die stärkste Sicherheitsvorrichtung nichts!
Der Autor ist Inhaber von BeierMedia.de, einem Dienstleister rund um digitale Medien.
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- Quelle: Thomas Beier | Grafik Hacker: geralt / Gerd Altmann, Pixabay License; Foto Laptop mit BH: Tero / TeroVesalainen, Pixabay License (Bild entfernt)
- Erstellt am 28.05.2017 - 08:10Uhr | Zuletzt geändert am 21.04.2020 - 08:45Uhr
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