Runderneuerung für Sachsen

Dresden. Das sächsische Kabinett hat in seiner heute zu Ende gegangenen zweitägigen Klausurtagung grundlegende Entscheidungen zur Verwaltungs- und Funktionalreform getroffen.
"Mit der Verwaltungsreform wird die entscheidende Weiche in Sachsen gestellt, um mit einer geringer werdenden Finanzausstattung handlungsfähig zu bleiben. Zugleich macht die demographische Entwicklung diese Reform erforderlich", so Ministerpräsident Milbradt.
"Das Ziel, die Arbeit der Verwaltung effektiver zu machen, ist erreicht. Was mir wichtig ist: Die Bürgernähe wurde verbessert, die Wege für die Sachsen werden kürzer", sagte der stellvertretende Ministerpräsident Jurk.

Anzeige

Kabinett beschließt Neustrukturierung der sächsischen Verwaltung

"Das Kommunalisierungspaket ist geschnürt. Damit kann eine Vielzahl von bisher staatlichen Aufgaben künftig ortsnah und gebündelt durch Landkreise und Kreisfreie Städte erledigt werden. Mit diesem Schritt brauchen wir noch stärkere, leistungsfähigere Kreise. Das Kabinett hat daher zeitgleich das Leitbild für eine Kreisgebietsreform bestätigt", gibt Innenminister Buttolo Auskunft. Die Verwaltungs- und Funktionalreform solle zum 1. Juli 2008 in Kraft treten, die dafür notwendigen Gesetzesentwürfe Anfang 2007 in den Landtag eingebracht werden.


Das Kabinett hat auf Basis der Vorschläge des Lenkungsausschusses "Verwaltungsreform" folgende Maßnahmen zur Verwaltungs- und Funktionalreform beschlossen:


1. Verzicht von Aufgaben

- Spezielle Projekte der angewandten Agrarforschung, Versuchs- und Untersuchungswesen auf den Gebieten des Gartenbaus, nachwachsender Rohstoffe, Ökolandbaus und Weinbaus sowie Beratung im Freizeitgartenbau zur Pflanzengesundheit der Landesanstalt für Landwirtschaft,
- Unternehmensberatung der Landwirtschaft und des Gartenbaus der Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und der Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Gartenbau,
- Beratung nichtstaatlicher Museen der Landesstelle für Museumswesen,
- alle Aufgaben des Forschungsinstituts für Balneologie und Kurortwissenschaften.

2. Übertragung von Aufgaben auf die kommunale Ebene

2.1 Übertragung von Aufgaben auf Landkreise und Kreisfreie Städte:


- alle Aufgaben der Staatlichen Vermessungsämter,
- Technische Verwaltung der Kreisstraßen und Unterhaltung der Bundes- und Staatsstraßen der Straßenbauämter,
- Vollzug Feststellung der Schwerbehinderten-Eigenschaft,
- Vollzug Landesblindengeld,
- Teilaufgaben der Regionalschulämter:
- Schulpsychologen,
- Stellungnahmen zur Schulnetzplanung,
- Gewährung von Zuschüssen,
- Überwachung der gesetzlichen Schulpflicht,
- bestimmte Statistiken der Regionalschulämter,
- Einräumung eines Anhörungsrechtes der kommunalen Schulträger bei der Schulleiterbestellung, wobei die Letztentscheidung über die Schulleiterbestellung beim Regionalschulamt verbleibt.
- Nach Ablauf der Tarifverträge ist ergebnisoffen zu prüfen, ob Schulstrukturen, Schulträgerschaft, Personalhoheit über die Lehrer und Schulnetzplanung kommunalisiert werden sollten,
- hoheitliche Aufgaben (ohne Förderaufgaben) und Ausbildungsaufgaben i.w.S. der Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und der Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Gartenbau,
- alle Aufgaben der Ämter für Ländliche Entwicklung,
- Teilaufgaben des Staatsbetriebes ?Sachsenforst?:
- Beratung und Betreuung der privaten und körperschaftlichen Waldbesitzer,
- Teile der Aufgaben als Forstbehörde zum Vollzug des SächsWaldG i. w. S. sowie
- Teile der hoheitlichen Aufgaben nach sonstigen gesetzlichen Regelungen zum Wald- und Forstbereich,
- Teilaufgaben der Regierungspräsidien:
- Überwiegende Teile der Umweltfachaufgaben,
- Teile der Umweltvollzugsaufgaben: Vollzugsaufgaben des Immissions- und Klimaschutzes mit Ausnahme der Fachaufsicht und einzelner Vollzugsaufgaben der Störfallverordnung, Ausweisung und Erteilung von Befreiungen von/für Naturschutzgebiete, Naturparke, Nationalpark und Biosphärenreservat, Erlass von Grundschutzverordnungen für Natura 2000-Gebiete, Altlastenfreistellung, Nachweisverfahren zu Abfällen mit Ausnahme der grenzüberschreitenden Abfallverbringung und Vollzug der Vorschriften zum Transport sowie zu Entsorgungsfachbetrieben, Wasserbuch, Entscheidung über die Wiederherstellung eines Gewässerbettes, Entgegennahme von Abwasserbeseitigungskonzepten, Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht nach § 63 Abs. 2 SächsWG i.V.m. § 138 Abs. 2 Satz 1 SächsWG, einschließlich der Zuständigkeiten für Widerspruchsverfahren für alle vorgenannten Vollzugsaufgaben,
- Teile des Arbeitsschutzes in Abhängigkeit vom Spezialisierungsgrad,
- Genehmigungen, Zustimmungen, Fachstellungnahmen, Steuerbescheinigungen nach EStG im Denkmalschutz, Förderprogramm Denkmalpflege,
- Unabkömmlichstellung von Wehr- bzw. Zivildienstpflichtigen,
- Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten und Erteilung von Ausnahmegenehmigungen im Bereich ÖPNV,
- Überprüfung und Ausreichung von Berufsurkunden für Gesundheitsfachberufe (ohne Aufgaben als Prüfungsbehörde).

2.2 Übertragung von Aufgaben auf den Kommunalen Sozialverband:

- Grundsatzfragen und Vollzugsaufgaben des Kinder- und Jugendhilferechts (Landesjugendamt) mit Ausnahme der überörtlichen Jugendhilfeplanung und der Grundsätze der Fachberatung,
- Grundsatz- und Vollzugsaufgaben nach dem Bundes- und Landeserziehungsgeldgesetz,
- Grundsatzfragen der Hilfen für schwer behinderte Menschen (Integrationsamt),
- Grundsatzfragen und Vollzug des Sozialen Entschädigungsrechtes (Hauptfürsorgestelle),
- Grundsatzfragen der Feststellung der Schwerbehinderten-Eigenschaft (Integrationsamt),
- Grundsatzfragen Landesblindengeld,
- Vollzug Sozialer Nebengesetze,
- Vollzug Förderrichtlinie "Niederschwellige Betreuungsangebote",
- Heimaufsicht.

2.3 Übertragung von Aufgaben auf kreisangehörige Städte und
Gemeinden:


- Verkehrsrechtliche Anordnungen mit Ausnahme der Gefahrguttransporte,
- Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, soweit die kreisangehörigen Städte und Gemeinden für den Vollzug der Gesetze zuständig sind,
- Zuständigkeiten der bisher den Landkreisen, Kreisfreien Städten und Großen Kreisstädten obliegenden Aufgaben im Gewerberecht (einschließlich Reisegewerbe) und Gaststättenrecht,
- Aufgaben als Widerspruchsbehörde in Selbstverwaltungsangelegenheiten.

2.4 Zuständigkeiten der Kreisfreien Städte:


- Der Status quo im Hinblick auf die 25 Städte, die zusätzlich zu den unteren Verwaltungsbehörden die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörden wahrnehmen sowie der vier Städte, die zusätzlich zu den unteren Verwaltungsbehörden die Aufgaben der unteren Denkmalschutzbehörde wahrnehmen, bleibt erhalten.
- Kreisfreie Städte, die ihre Kreisfreiheit im Rahmen der Kreisgebietsreform verlieren, wird eine Optionsmöglichkeit eingeräumt, wonach diese
- die bisher von den Großen Kreisstädten wahrgenommenen Aufgaben sowie
- weitere Aufgaben aus ihrem bisherigen Zuständigkeitsbereich behalten dürfen, sofern in dieser Stadt nicht der Behördensitz des Landkreises ist (Doppelstrukturen sind zu vermeiden).
- Über diesen Aufgabenkatalog hinaus können kreisangehörige Städte und Gemeinden (kreisliche) Aufgaben zukünftig wahrnehmen, soweit entsprechende kommunale Vereinbarungen mit den Landkreisen getroffen wurden. Das SMI wird beauftragt bis 1. September 2006 zu prüfen, ob und inwieweit hierzu gesetzliche Änderungen notwendig sind.

2.5 Auf der Mittelebene werden künftig zwei Landesdirektionen gebildet.

In der nächsten Legislaturperiode wird überprüft, ob eine weitere Konzentration auf eine Landesdirektion zweckmäßig ist.

2.6 Das Staatsministerium der Finanzen wird beauftragt, die Überführung der Staatsbetriebe "Immobilien- und Baumanagement" und "Schlösser, Burgen und Gärten" in eine privatrechtliche Organisationsform zu prüfen.


Das Ministrium hat dem Kabinett über das Ergebnis bis zum 1. September 2006 zu berichten.

2.7 Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst wird gebeten, die aus museumsfachlichen Gründen eingeleitete Überführung der Staatlichen Naturhistorischen Sammlungen Dresden und des Staatlichen Museums für Naturkunde Görlitz in die Naturforschende Senckenberg-Gesellschaft (einer Einrichtung der so genannten Blauen Liste) als Beitrag zur Privatisierung weiter zu verfolgen.

Dem Kabinett ist über das Ergebnis bis zum 31. Dezember 2006 zu berichten.

2.8 Das Staatsministerium der Finanzen, das Staatsministerium für Kultus, das Staatsministerium für Soziales, das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst werden beauftragt, die für ihren Geschäftsbereich zur Umsetzung der Vorschläge zur Funktionalreform notwendigen gesetzlichen Änderungen, einschließlich der erforderlichen Regelungen zum finanziellen Ausgleich der Mehrbelastung der kommunalen Träger der Selbstverwaltung, dem Staatsministerium des Innern bis zum 15.09.2006 zuzuarbeiten.

Die Erarbeitung des Gesamtkonzeptes des kommunalen Mehrbelastungsausgleichs erfolgt durch das Staatsministerium der Finanzen in Abstimmung mit dem Staatsministerium des Innern.

2.9 Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern des Staatsministeriums der Finanzen, des Staatsministeriums des Innern, des Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit und der kommunalen Spitzenverbände, unter Federführung des Staatsministeriums der Finanzen wird beauftragt, bis zum 15.10.2006 ein Grundkonzept zum Personalübergang auf die kommunale Ebene zu erarbeiten.


Je ein Vertreter der Koalitionsfraktionen kann teilnehmen, sofern dies gewünscht wird. Die Vertreter der betroffenen Ressorts werden hinzugezogen.

2.10 Das Staatsministerium des Innern wird beauftragt, aufgrund der Zuarbeiten nach Ziffer 2.9 einen Entwurf eines Gesetzes zur Funktionalreform dem Kabinett zur Entscheidung über die Freigabe zur Anhörung bis zum 31.12.2006 vorzulegen.

3. Die Grundsätze und Leitlinien zur Neugliederung der Landkreise und Kreisfreien Städte im Freistaat Sachsen werden für die Findungsphase und für das spätere Gesetzgebungsverfahren vom Kabinett zustimmend zur Kenntnis genommen.

4. Das Staatsministerium des Innern wird beauftragt, auf der Grundlage der Grundsätze und Leitlinien zur Neugliederung der Landkreise und Kreisfreien Städte im Freistaat Sachsen und unter Berücksichtigung der kommunalen Initiativen zur Neugliederung des Freistaates Sachsen den Entwurf eines Gesetzes zur Neugliederung der Landkreise und Kreisfreien Städte dem Kabinett zur Entscheidung über die Freigabe zur Anhörung bis zum 31.12.2006 vorzulegen.

5. Das Staatsministerium der Finanzen wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Staatsministerium des Innern bis zum 01.09.2006 folgende Fragen zu prüfen:

- Finanzausgleich,
- Haftungsquote der Landkreise bei Verwirklichung des Anlastungsrisikos im Zusammenhang mit der beabsichtigten Kommunalisierung von Aufgaben der EU-Förderung im Bereich der Staatlichen Ämter für Ländliche Entwicklung,
- Effizienzrendite,
- Förderung kommunaler Investitionen für die Neugliederung der Landkreise und Kreisfreien Städte.

6. Die Gesetze zur Funktional- und Kreisgebietsreform sollen zum 01.07.2008 in Kraft treten mit Ausnahme der entsprechenden Änderungen der kommunalwahlrechtlichen Gesetze, die bereits zum 01.01.2008 in Kraft treten müssen.


7. Das Staatsministerium des Innern wird beauftragt, dem Kabinett bis spätestens 18.07.2006 seine Vorschläge zur Bündelung von Aufgaben auf der Mittelebene und in Sonderverwaltungen vorzulegen.


"Es ist vordringliches Ziel der Staatsregierung, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sowie künftiger Generationen die gestalterischen Handlungsspielräume für eine ausgewogene Politik für Arbeits- und Ausbildungsplätze, Bildungschancen, Familien- und Generationenpolitik und soziale Gerechtigkeit zu bewahren. Dazu brauchen wir eine moderne, bürgerfreundliche, ortsnahe Verwaltung. Mit den heute beschlossenen Maßnahmen des Kabinetts stehen die Eckpfeiler für die Verwaltungs- und Funktionalreform", so Innenminister Buttolo abschließend.

Kommentare Lesermeinungen (0)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Schreiben Sie Ihre Meinung!

Name:
Email:
Betreff:
Kommentar:
 
Informieren Sie mich über andere Lesermeinungen per E-Mail
 
 
 
Weitere Artikel aus dem Ressort Weitere Artikel
  • Quelle: /SMI
  • Erstellt am 27.06.2006 - 17:55Uhr | Zuletzt geändert am 27.06.2006 - 17:55Uhr
  • drucken Seite drucken
Anzeige