Kreistag Görlitz will Gerhart-Hauptmann-Theater drastisch sparen lassen
Zittau. Am 14. März 2012 hat der Görlitzer Kreistag das Sparprogramm für das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz/Zittau mit deutlicher Mehrheit beschlossen und damit Gegenvorschläge, darunter das Modell einer Theater-Holding, vom Tisch gewischt. In den vergangenen Wochen und Monaten hatten sich Bürger, Bürgerinitiativen, Vereine und Parteien vor allem im Süden des Landkreises Görlitz dafür stark gemacht, die Theaterstandorte in Görlitz und Zittau zu sichern. Nun wird befürchtet, dass die Zittauer Bühne auf lange Sicht nicht nicht mehr überleben wird.
Offener Brief und Kommentar zum Verschlechterungs-Prozess im Landkreis Görlitz
Thema: Theater Görlitz-Zittau
Die Gerhart Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau GmbH (GHT) verfügt über feste Häuser in Görlitz und Zittau und bespielt die Waldbühne Jonsdorf. Als Vierspartenhaus vereint das GHT Musiktheater (Oper, Operette, Musical), Tanz, Schauspiel und die Konzerte der Neuen Lausitzer Philharmonie. Es ist ein wichtiger Teil Kulturraums Oberlausitz-Niederschlesien. Beliebt sind auch die Aufführungen an besonderen Spielstätten. Das Theater engagiert sich in der Theaterpädagogik für Kinder und Jugendliche sowie im interkulturellen Austausch mit Polen und Tschechien.
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Quelle des nachstehenden offenen Briefes: Bürgerinitiative - Die Retter - Kai Grebasch
Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Damen und Herren Kreisräte,
mit großer Bestürzung haben wir, die VertreterInnen der Bürgerinitiative "Die Retter des Zittauer Theaters", den heutigen Kreistagsbeschluss zum Konsolidierungsplan für die Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau GmbH zur Kenntnis genommen. Zeigen der Beschluss und die vorangegangene Debatte doch, welch untergeordnete Rolle die Entwicklung der Region, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landkreises - wir erinnern gern an zusammen rund 20.000 Petitionszeichner(innen) - sowie der unbedingte Wille, den Landkreis Görlitz aus der Krise zu führen gegenüber unkreativer Kameralistik zurückstehen.
Die Passivität und Lethargie unseres eigenen Stadtrates, welche den heute gefassten Beschluss des Kreisrates fahrlässig begünstigte, widerspiegelt in keinster Weise die Interessen der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Zittau und des Umlandes. Dies werden wir nicht müde werden zu betonen. Was uns, die heute im Kreisrat anwesenden VertreterInnen der Bürgerschaft darüber hinaus jedoch regelrecht empörte, war der Umstand, aufgrund unserer Angst um die Zukunft unserer Heimat, von Ihnen Herr Landrat, als Querulanten und Störenfriede diffamiert zu werden. Nachdem Herr Bürgermeister a.D. Jürgen Kloß sehr zurecht darauf hinwies, dass die schließlich beschlossenen Kürzungen in erster Linie den Schauspielstandort Zittau teffen, spendeten wir anwesenden Besucher der Kreistagssitzung Applaus und wurden sogleich von Ihnen Herr Landrat als Keiltreiber zwischen den Häusern und Gefahr für den Fortbestand der Theater bezeichnet. Da wir als Gäste der Sitzung kein unmittelbares Rederecht hatten, blieb diese Anschuldigung unbeantwortet. Wir möchten daher mit diesem Schreiben unsere Antwort und die damit verundenen Fragen an die demokratisch gewählte, uns als Bürgerinnen und Bürgern auskunftsspflichtige Institution Kreistag Görlitz formulieren:
1.) Beide Standorte der GHT GmbH befinden sich auf dem Grund und Boden des Landkreises Görlitz. Mit welcher Begründung wird am Standort Zittau deutlich empfindlicher gespart, als am Standort Görlitz?
2.) Die Konsolidierungspläne sind bis zum heutigen Tag nicht offiziell durch den Kreistag bekannt gemacht, sondern lediglich über die Medien teilweise veröffentlicht worden. Wie von Ihnen, Herr Landrat, im Rahmen der Kreistagssitzung erneut benannt, war für die Erstfassung des Konsolidierungspapiers der Intendant des Schauspiels, Carsten Knödler, nicht inolviert. Demnach ist davon auszugehen, dass das Papier - ohne die "ungewollte" vorzeitige Veröffentlichung - nicht überarbeitet und also mit noch tiefgreifenderen Konsequenzen für und gänzlich ohne Beteiligung des Standortes Zittau zur Beschlussvorlage gekommen wäre. Bitte erklären Sie vor diesem Hintergrund die Redlichkeit der Geheimhaltung des Konsolidierungsplanes gegenüber der Öffentlichkeit.
Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren Kreisräte, bitte lassen Sie sich abschließend versichert sein, dass die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Zittau und der umliegenden Städte und Gemeinden keinerlei Ambitionen hegen, die Theaterstandorte Zittau und Görlitz gegeneinander auszuspielen oder gar irgendwelche Keile zwischen die Interessen des nördlichen und des südlichen Teils unseres Landkreises zu treiben. Es ist vielmehr so, dass der heutige Landkreis Görlitz auf der einzig relevanten Ebene - und dies ist die menschliche, nicht die kameralistische - noch immer ein, nicht zuletzt historisch bedingt, sehr fragiles Gebilde darstellt. Es wird Ihnen und uns nur dann gelingen, einen gemeinsamen, an einem Strang ziehenden Landkreis zu bilden, wenn der Eindruck einer Vorteilsnahme in der einen oder anderen Richtung durch Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen von vorn herein ausgeschlossen ist.
Sie können sicher sein, dass wir den Druck auf unsere von uns Bürgerinnen und Bürgern gewählten Vertreter in der Stadt Zittau weiter erhöhen werden, um den heute von Ihnen beschlossenen, erschreckenderweise als alternativlos bezeichneten, Schaden für unsere Region bis Sommer 2013 doch noch abzuwenden. Lassen Sie uns gemeinsam unseren Landkreis in eine Zukunft führen, die eine wirkliche, lebenswerte Zukunft für uns und unsere Kinder darstellt.
Mit freundlichen Grüßen
Kai Grebasch
im Namen der Bürgerinitiative "Die Retter"
Kommentar:
Durchdachte Worte, die es an Deutlichkeit nicht mangeln lassen und allen eine schallende Ohrfeige verpassen, die von "Alternativlosigkeit" schwätzen, denn Alternativen entstehen immer als an Rahmenbedingungen ausgerichtete Folgen von Prioritäten. So gesehen hat der Theaterstandort in Zittau für die Mehrzahl der Kreisräte keine Priorität, oder?
Wieder einmal wird durch kurzfristiges Löcherstopfen ein langfristiger Verschlechterungs-Prozess eingeleitet, der - einmal in Fahrt gekommen - unter konstanten Rahmenbedingungen tatsächlich "unumkehrbar" wird.
Eins bedingt das andere - wodurch solche Prozesse ausgelöst werden, gleicht der Antwort auf die Frage, ob nun das Ei oder das Huhn zuerst da waren: Bedingen der demografische Wandel und das Versagen der Wirtschaftspolitik die Kürzungen im Kultursektor - oder verstärken solche Kürzungen die Abwanderung von Leistungsträgern und das Fernbleiben von Wirtschaft?
Die Suche nach der Antwort ist müßig, weil es allein darauf ankommt, diese Todesspirale zu durchbrechen. Dabei ist der Erhalt der Theaterstandorte nur ein Element in höchst komplexen Zusammenhängen. Politik hat die Aufgabe, den wirkungsvollsten Punkt zu finden, mit dem sich möglichst viele Probleme zugleich lösen lassen, im richtigen Mix aus strategisch notwendigen und deutlich spürbaren Fortschritten. Spätestens jetzt sollte den Verantwortlichen ein Licht aufgehen, worum es geht: Projektmanagemenet für das Gebilde namens "Landkreis Görlitz".
Äußerst befremdlich erscheint, wie die Bürgerproteste, die sich für das Theater und damit die Hochkultur etabliert haben, von gewählten Volksvertretern negiert werden. Politiker haben es nicht leicht, aber aus der Verantwortung kommen sie deshalb nicht raus,
meint Ihr Kulturbürger Fritz R. Stänker.
Mehr:
http://www.g-h-t.de
http://www.die-retter.com
http://projekttheater-zi.de
Literaturempfehlung
für Verantwortliche in staatlichen Strukturen und Volksvertreter:
B. Traven: Regierung (1931)
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- Quelle: red | Fritz R. Stänker
- Erstellt am 16.03.2012 - 10:22Uhr | Zuletzt geändert am 16.03.2012 - 11:12Uhr
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