Naturkunst auf dem Friedhof
Görlitz. Auf dem Friedhof, wo Vergänglichkeit stets gegenwärtig ist, kann man seit einigen Tagen zwei bemerkenswerte Kunstwerke bestaunen. Die australische Naturkünstlerin Evette Sunset schuf dort zwischen Bäumen, Gräbern und Bänken Kunst zum Nachdenken und Freuen, zum Wachsen und Vergehen.
“Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen“
Während die erste Skulptur, die im Urnenhain nahe dem Grab von Johannes Wüsten entstand, irgendwann - vielleicht mit den Herbststürmen - verschwunden sein wird, befindet sich in der Nähe der anonymen Urnengemeinschaftsanlage ein Werk aus Weide, das wachsen soll. Unter dem großen herabhängenden Ast einer Ölweide ist ein Torbogen aus jungen Weidenzweigen entstanden. Er trägt die griechischen Buchstaben Alpha und Omega für Anfang und Ende. Geradezu spielend fliegen einige Vögel hindurch - über das Wohin mag jeder selbst nachdenken.
Evette gab der Skulptur den Namen: „the fourth door to paradies – die vierte Tür zum Paradies“. Dabei symbolisiert die Vier (im chinesischen Chakra) das Herz. Gleich der Mitte, dem Herzen entsprechend, wurde in dem kleinen Türmchen, das einen Menschen darstellen könnte, ein Vogelnest versteckt. Auch wer wenig mit der chinesischen oder hinduistischen Lehre anzufangen weiß, wird seine eigenen Gedanken dort „fliegen“ lassen können. Noch kann das Licht überall durchscheinen, doch wir dürfen gespannt sein auf den Tag, wenn die kleinen Blättchen der Weidenzweige zu sprießen beginnen. Ein netter Friedhofsbesucher hat sich bereiterklärt, die Weide zu gießen.
Inzwischen von vielen Menschen besucht, trotzt Evettes erste Skulptur im Urnenhain dem Wetter. Sie besteht aus acht kleineren Kreisen, die miteinander einen großen Kreis bilden. Wie bei einer Blüte fügen sich einzelne „Blätter“ zum Ganzen. Herabgefallene Lindenzweige bilden das Gerüst der Kreise, wobei im ersten die zartesten Zweige verarbeitet wurden. Aus Neuem wird Altes - bricht zum Schluss entzwei - und trägt in sich wieder einen Anfang. Mancher wird dabei an ein Samenkorn denken oder an einen Schmetterling oder an uns und unser Leben und dann kann die Skulptur uns gerade auf dem Friedhof sehr tröstlich sein. Evette nannte das Werk „In the house of my father there are many rooms“ - “Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen“ (Johannes, 14, 2), was wohl auch bedeuten soll, dass jeder für sich seine Gedanken haben soll und gerade die Vielfalt und Verschiedenartigkeit alles so wunderbar zusammenfügt.
„Beide Arbeiten sind aus Naturmaterialien entstanden. Einiges lag unter Bäumen, manches schon im Abfall. Es ist erstaunlich, welche Kraft einzelne Blätter verblühter Blumen noch haben und was man alles daraus machen kann. Taglilienblätter ergeben eine wunderbare Schnur, Schleierkraut einen herrlichen Vogelbauch und Eibenzweige eine tolle Girlande.“, staunt Evelin Mühle, Leiterin des Städtischen Friedhofes. Evette ist jetzt noch für einige Wochen in Schottland und Wales, um dann im September zurück nach Adelaide in Südaustralien zu fliegen. Aus Görlitz nimmt sie neben vielem anderen gute Eindrücke mit von interessierten Besuchern und einem schönen friedvollen Ort - dem Städtischen Friedhof.
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- Quelle: /StVGR /Elke Fieber
- Erstellt am 03.08.2006 - 00:57Uhr | Zuletzt geändert am 22.10.2019 - 15:40Uhr
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