OB-Kandidatin Schubert zur Stadthalle Görlitz

OB-Kandidatin Schubert zur Stadthalle GörlitzGörlitz, 30. Januar 2019. It's Wahlkampf, Folks! Für manchen eine Zeit, sich zu profilieren, indem jedes die Volksseele erregende Thema möglichst weit hochgekocht wird. Andere sehen eine konkrete Situation und überlegen, wie ein Prozess lösungorientiert vorangebracht werden kann. Dazu gehört auch, Zweifel zu berücksichtigen, Widersprüchlichkeiten zu benennen und die richtigen Fragen zu stellen. Franziska Schubert, Oberbürgermeisterkandidatin für Görlitz, hat sich zur Görlitzer Stadthalle auf facebook geäußert. Da facebook nicht jedermanns Lieblingsbuch ist, gibt der Görlitzer Anzeiger Ihre Gedanken mit freundlicher Genehmigung nachstehend wieder. Der Text ist sinnwahrend redaktionell bearbeitet und durch Fotos und eine Bildunterschrift ergänzt.

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"Gemeinsam mit den Görlitzerinnen und Görlitzern gucken, wie man das zusammen machen kann"

"Gemeinsam mit den Görlitzerinnen und Görlitzern gucken, wie man das zusammen machen kann"
Die Stadthalle Görlitz – Verlängerung der Agonie oder Wiedergeburt?

Thema: Stadthalle Görlitz

Stadthalle Görlitz

Die Stadthalle Görlitz wurde 1910 als Veranstaltungsort des Schlesischen Musikfestes eröffnet. Hoher Sanierungsbedarf und die ungenügende Selbstfinanzierung führten im Jahr 2005 zur Einstellung des Betriebs und zu Verkaufsbestrebungen seitens der Stadt Görlitz. Die Ende Januar 2010 vom Stadtrat beschlossene Sanierung wurde, ohne dass Arbeiten am Gebäude begonnen hätten, im Oktober 2012 gestoppt, weil Fristen für Fördermittel zu kurz waren. Erst 2018 stellten Bund und Land Geld für eine über die Sicherung hinausgehende Sanierung bereit. Eine große Herausforderung stellen die Betriebskosten für die Stadthalle Görlitz dar.

Die Stadthalle Görlitz ist ein architektonisches Juwel. Sie ist für mich Teil des nationalen Kulturerbes. Und damit sehe ich den Bund und auch den Freistaat in der Verantwortung, ernsthaft für dieses nationale Kulturgut Sorge zu tragen – und zwar langfristig.

Görlitz ist der vierte Leuchtturm Sachsens. Als solchen werde ich ihn vertreten und einfordern bei Bund und Land, dass hier nicht nur eine Einmalinvestition abgeworfen wird, sondern dass es ein ernsthaftes Bekenntnis gibt zu Görlitz und seinen kulturellen Schätzen, die von nationaler Bedeutung sind.

Die Investitionen in die Stadthalle, über die nun gesprochen wird, sind von großer Bedeutung für Görlitz - und für den Görlitzer Haushalt. Als Finanzpolitikerin weiß ich, dass in jedem Haushalt die Folgekosten eingepreist werden müssen. Görlitz kann das nicht allein stemmen. Der Blick in den Haushalt und die notwendigen Konsolidierungen in den nächsten Jahren zeichnen da ein klares Bild. Im Moment kann keine:r rechnen, was die Stadthalle wirklich kosten wird.

2018 beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages die Förderung in Höhe von 18 Millionen Euro zur Sanierung des Kulturdenkmals bis 2024. Zahlreiche Fragen blieben offen. Ich war so frei, im Landtag nachzufragen, wie sich das alles gestalten soll: Konditionen für die Fördermittel? Kommunaler Eigenanteil? Und es gab im Stadtgespräch auch jene, die zu fragen wagten: Auf einmal ist sowas möglich? Oder: Warum so viel Geld für die Stadthalle und nicht für andere Projekte?

Und jetzt im Wahlkampffieber in Hektik zu verfallen, Schnellschüsse machen zu wollen oder gegenseitig Schuldzuweisungen zu betreiben, finde ich unverantwortlich angesichts der Größe der Investition und auch angesichts der Hoffnungen vieler Menschen. Der jetzige Stadtrat muss diese Entscheidung nicht mehr fällen – ich halte das weder für angemessen noch für realistisch. Und was mir völlig fehlt, ist die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Für mich muss hier dringend ein Beteiligungsprozess her!

Idealerweise folgt Form dem Inhalt, nicht andersrum. Das heißt: ein tragfähiges Konzept ist die Grundlage dafür, dass das Geld fließt. Und auf dem Nutzungskonzept beruht dann auch die Planung der Investitionen. Daher muss man meines Erachtens gemeinsam mit den Görlitzerinnen und Görlitzern ins Gespräch kommen und gucken, wie man das zusammen machen kann.

Veranstaltung zur Stadthalle Görlitz: Sichtweisen und Möglichkeiten

Genau das wollen wir mit dem #TeamFranziska am 16. Februar 2019 ab 13 Uhr in der Wartburg machen. Dazu laden wir verschiedene Menschen ein, die sich mit der Stadthalle aus unterschiedlichen Perspektiven beschäftigt haben. Wir wollen die verschiedenen Perspektiven, Generationen und Fragestellungen miteinander besprechen. Nicht frontal. Sondern: Miteinander.

  • Was soll zukünftig in der Stadthalle möglich sein und stattfinden und was nicht?

  • Wofür soll die Stadthalle einmal bekannt werden?

  • Mit welchen zukünftigen Angeboten und Veranstaltungen können vor allem auch die Jüngeren für die Stadthalle begeistert werden?

  • Wann wäre die Stadthalle auch für die Zgorzelecer:innen interessant; wie kann die Stadthalle zu mehr "Europastadt" beitragen?

Ich denke, die Görlitzer Stadthalle kann als Jugendstil-Juwel eine ähnlich überregionale Bedeutung erlangen wie das Haus Schminke in Löbau. Ihre architektonische und kulturelle Bedeutsamkeit sowie ihr emotionaler Wert sind für viele Görlitzer:innen hoch. Viele Görlitzer:innen haben mir in den letzten Monaten von ihren Erlebnissen in der Stadthalle berichtet; einige engagieren sich zum Beispiel im Förderverein Stadthalle Görlitz e.V. (Gründung 2004). Eingeladen für den 16. februar 2019 sind alle, die sich für die Stadthalle und ihre Zukunft interessieren. Ich denke, es ist unerlässlich, dass sich die Stadtgesellschaft mit einer solchen Investition gemeinsam beschäftigt und gemeinsam eine Idee und Vision darüber entwickelt, wie es für zukünftige Generationen ein attraktiver Ort wird.

Ein kleiner Exkurs als Abschluss meiner Gedanken ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Die Görlitzer Stadthalle ist eine architektonische und kulturelle Besonderheit. Sie wurde 1906-1910 vom renommierten Berliner Architekten Bernhard Sehring für 2.000 Besucher:innen und für ein bis zu 1000-köpfiges Ensemble erbaut. Die Stadthalle wurde für die Schlesischen Musikfeste gebaut (zu empfehlen ist die Abhandlung zur Historie der Schlesischen Musikfeste von Dr. Ernst Kretzschmar und Sebastian Beutler); später wurde sie für andere Musikfeste, Konzerte, Tanz- und Sportveranstaltungen, Kongresse und Messen genutzt.

  • Der Bau der Stadthalle war schon damals kein einfaches Unterfangen: Zur Zeit der Idee um 1900 war die Stadtkasse etwas klamm. Um zu Geld zu kommen, wurde eine Lotterie veranstaltet, bei der rund 300.000 Mark zusammenkamen. Gute Idee. Fundraising gab's damals schon.

    Die Gesamtkosten beliefen sich auf 1,14 Millionen Mark; geschätzt waren einmal 800.000 Mark. Zudem stürzte zwei Jahre nach dem Baubeginn die Hallendecke ein; es kamen fünf Menschen zu Tode, elf wurden verletzt.

  • Die Eröffnung der Görlitzer Stadthalle fand 1910 mit dem Philharmonischen Orchester Berlin unter Leitung von Generalmusikdirektor Karl Muck statt. Muck blieb Görlitz verbunden, denn er leitete das Schlesische Musikfest bis 1911. Ab 1922 war Muck als Chef der Philharmoniker Hamburg tätig – und hier deutet sich die musikalische Beziehung zwischen Görlitz und Hamburg schon an, deren Faden mit der EUROPA CHOR AKADEMIE bis in die Gegenwart reicht und für die Zukunft der Stadthalle ggf. erneut Bedeutung erlangen könnte.

  • Am 31. Dezember 2004 wurde der Betrieb in der Stadthalle auf Grund der wirtschaftlichen Situation und bautechnischen Mängeln am Bauwerk eingestellt. 2012 wurde die begonnene Sanierung unterbrochen.

Link zum Originalbeitrag:
Franziska Schubert für Görlitz – Oberbürgermeisterkandidatin

Die Stadthalle Görlitz im Görlitzer Anzeiger:
Artikel seit Januar 2014

Görlitz im Herzen: Hingehen!
Sonnabend, 16. Februar 2019, von 13 bis 17 Uhr,
Jugendhaus Wartburg, Johannes-Wüsten-Straße 21, 02826 Görlitz:
Das #TeamFranziska lädt ein, miteinander – nicht gegeneinander – die unterschiedlichen Perspektiven, Generationen und Fragestellungen in Bezug auf die Stadthalle Görlitz zu besprechen.

Kommentare Lesermeinungen (2)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Nostalgische Reliquie?

Von der Seensüchtige am 31.01.2019 - 11:52Uhr
Das wäre tatsächlich neu: ein Bürgerbeteiligungsprozess!

Am 26. Mai 2019 wäre die Gelegenheit, die Bürger zu fragen, ob sie einen Teil ihrer Haushaltsmittel zukünftig für den Betrieb der Stadthalle aufbringen wollen. Da können auch die Erstwähler mitbestimmen. Rückwirkend für das soziokulturelle Zentrum ist das ja nicht mehr möglich.

"... eine ähnlich überregionale Bedeutung erlangen wie das Haus Schminke in Löbau" – Kosten Sanierung - Kosten Betrieb - Anzahl der Besucher?

Stadthalle Görlitz

Von Fritzsche am 30.01.2019 - 13:04Uhr
Ist nicht ganz einfach, hier all das in kurzen Worten einzubringen, was mich um Zusammenhang mit dieses Gebäude bewegt!
Vorab: Ich finde sie erhaltenswert!

Mit schwerem Herzen habe ich beobachtet, was nach 2012 passierte, bzw nicht! Jedes Jahr des Verfalls steigert unweigerlich die Kosten! Dessen ist sich jeder bewusst.

Warum hat man nicht schon damals den Gedanken eines Fonds wie in den Gründerjahren aufgegriffen, oder Gelder aus den geflossenen Altstadtmillionen angelegt! Man hatte ja ansparen können und sicher mit Zuwachs! Was hindert die Stadt, nach diesem Prinzip zu arbeiten?
Ich bin absoluter Laie! Das sind nur Gedanken.

Nun wundere ich mich, dass man jetzt, wo es scheinbar voran geht,mit der Frage der Nutzung kommt! Völlig unverständlich! Sowas ist doch der eigentliche Grund, wenn man etwas in Angriff nimmt! (Ich will jetzt nicht umschwenken auf unser Kaufhaus!)
Das ist ein Thema , dass mich und viele Bürger, besonders die in meinem Alter etwa, bewegt. Jede Stadt kann stolz auf solche architektonischen Perlen! Die es zu schützen und erhalten gilt!
Es wurde hier aber aus meiner Sicht viele Fehler gemacht, die nun als solche erkannt wurden.

Ich wünsche mir, dass nun nachvollziehbare und richtige Entscheidungen getroffen werden! Den Lokaltermin lasse ich
mir nicht entgehen!

Mfg

E. Fritzsche (67 Jahre)

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  • Quelle: red | Franziska Schubert
  • Erstellt am 30.01.2019 - 11:29Uhr | Zuletzt geändert am 30.01.2019 - 12:27Uhr
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