Generalversammlung der Europäischen Freien Allianz gegen Kohlezerstörungen 2015 in Bautzen

Brüssel (Bruxelles) | Bautzen / Budyšín, 2. Juli 2014. Die Europäische Freie Allianz (EFA) richtet ihre nächste Generalversammlung im April 2015 in Bautzen (Westlausitz) aus. Das hat heute der Vorstand der EFA in Brüssel bekannt gegeben. Damit wird die Generalversammlung auch erstmalig in Deutschland stattfinden. Gastgeber ist die Lausitzer Allianz / Łužyska Alianca.

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Existenzbedrohende Zerstörung sorbischer Siedlungsgebiete

Die EU-Parlamentsgruppe EFA begrüßt besonders die Zusammenarbeit mit den Kollegen in der sorbischen Lausitz, um die durch zentralistische Braunkohlekartelle verursachten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Probleme des sorbischen Volkes und der Lausitz anzugehen, heißt es in einer Mitteilung der Lausitzer Allianz.

Auch die EFA-Jugend (EFAy) und die Europäische politische Stiftung CMC werden an der Generalveranstaltung teilnehmen. Immerhin umfasst die EFA 40 Mitgliedsparteien in 17 EU-Mitgliedsstaaten. Im Europäischen Parlamen ist sie mit sieben Abgeordneten vertreten. Neben anderen Zielen arbeitet sie für die territoriale Selbstbestimmung und ein Europa selbstbestimmter Völker.

Wer ist die die Lausitzer Allianz?

Die Partei der Lausitzer Allianz / Lužyska Alianca vertritt sorbische und Lausitzer Belange. Auf der europäischen Konferenz will sie die aus ihrer Sicht von Deutschland krass vernachlässigten Interessen der sorbischen Minderheit in den bundesweiten und internationalen Fokus rücken. Insbesondere durch die weitflächigen Zerstörungen der sorbischen Siedlungsgebiete durch den Braunkohlebergbau sehen sich Sorben existenzbedrohenden Herausforderungen ausgesetzt.

Zur der EFA Generalversammlung vom Februar 2014 in Galizien kritisierte die EFA scharf die Bundesregierung und "den ungebührlich in Deutschland verflochtenen Schwedischen Staatskonzern Vattenfall". Auf dem Kongress war vom Vorstand der Lausitzer Allianz Ralph Thomas Kappler und von ihrem Präsidenten Hans-Wilhelm Kell eine Deklaration zur Beendigung dieser Zerstörungen eingebracht und von allen EFA-Mitgliedsparteien angenommen worden.

Außerdem hat die EFA die Bundesregierung aufgefordert, das Recht auf Selbstbestimmung der Lausitzer Slawen anzuerkennen - dies nach einer langen Geschichte der Unterdrückung und des Protestes, einschließlich der Zwangsvertreibungen unter den Deutschen Diktaturen. Mehr als 3.000 Quadratkilometer fruchtbaren Landes wurden durch die entfesselte Kohlelobby für Tagebaue vernichtet, kritisiert die Lausitzer Allianz. Über 136 Lausitzdörfer und weite Kulturlandschaften, die über Jahrhunderte gewachsene Basis sorbischen Lebens, wurden so unwiederbringlich zerstört, wohlgemerkt: In Deutschland, das sich gern als weltweiter Vorreiter grüner Technologien und der Ökologie aufspielt.

Enteignungspraxis

Der öffentlich-rechtliche Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) berichtete über die skandalöse Rechtspraxis, wonach die sorbischen Lausitzdörfer weiterhin auf Grundlage der in der Nazi-Zeit eingeführten Kohle-Enteignungsgesetze zerstört werden. "Nur mit der Drohkulisse von Hitlers Enteignungsgesetzen kann der schwedische Staatskonzern Vattenfall den Braunkohleraubbau forcieren", schätzt die Lausitzer Allianz ein.

Aktuell sind die sorbischen Dörfer Rohne / Rowno, Mulkwitz / Mulkecy und Schleife / Slepo akut durch den Tagebau Nochten II bedroht. Die Lausitzer Allianz sieht die mehr als 1500 Jahre währende Geschichte der Lausitzer Slawen geprägt von Zwangsgermanisierung und deutschem Landraub. Nach den Nazi Exzessen sei heute der Braunkohleabbau die größte Bedrohung für die Existenz des sorbisch-wendischen Volkes. Auf der EFA Generalversammlung sagte Vorstand Kappler, dass "inkompetente und autokratisch mit Vattenfall Interessen verbandelte Behörden und Politik bereits existenzbedrohend sind". Womit mit "Existenzbedrohung" auch die Gesundheitsbedrohung gemeint sein dürfte, emittiert doch die Braunkohle-Verbrennung dreimal so viel Kohlendioxid wie Gaskraftwerke.

Vorläufer der Lausitzer Allianz / Lužyska Alianca war die von den Nazis verbotene Wendische Volkspartei. Sie wurde 2005 in Cottbus / Chosebuz als Serbska Ludowa Strona (SLS, Wendische Volkspartei) wiedergegründet und am selben Ort im Jahr 2010 in Lausitzer Allianz / Lužyska Alianca umbenannt. Die SLS war seit 2009 eine EFA Beobachterpartei und ist als Lausitzer Allianz seit 2014 vollwertiges Mitglied.

Kommentar:

Ist es nicht seltsam? Auch jene Deutschen, die gern von "Heimat" und zu Zeiten der Fußball-WM von "Nationalstolz" (offenbar auf ihre zusammengewürfelte Nationalmannschaft) sprechen, schauen weg, wenn alte sorbische Siedlungsgebiete weggebaggert werden. Schnell ist das Gewissen mit einem "Die sind doch froh, die bekommen alles neu!" beruhigt.

Wie war das gleich mit Heimat? Das Haus, das der Großvater baute? Das Dorf, in dem die Kinder groß wurden? Der ganze Landstrich mit seine Sagen und Mythen, mit seiner seit Millionen Jahren entfalteten Natur? Nach vielleicht fünfzig Jahren rekultiviert als der ...zigste See in der Lausitz.

Nein, das ist kein Umgang mit Heimat, das ist das ausgrenzende Machtspiel einer Mehrheit gegenüber einer Minderheit, nur scheinbar legitimiert vom Nazi-Bergrecht. Denn Umsiedlungen, für die den Menschen keine Alternative gelassen wird, sind weder christlich noch ethisch vertretbar.

Ausgenutzt werden psychologische Druckmittel: Je später jemand seiner Vertreibung "zustimmt", mit um so weniger Vorteilen wird er belohnt. Wer dann angesichts des Unausweichlichen seinem Umzug an einen neuen Ort zustimmt, dem kann das nicht als Zustimmung zum Heimatverlust ausgelegt werden,

meint Ihr Fritz R. Stänker

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  • Quelle: red | Kommentar: Fritz Rudolph Stänker
  • Erstellt am 02.07.2014 - 15:02Uhr | Zuletzt geändert am 02.07.2014 - 16:15Uhr
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