Gefahr für's Bonehaus: Kunst und Künstler fliegen raus!
Görlitz, 16. April 2016. Von Thomas Beier. Heute vormittag am "Bonehaus" Obermarkt 26: in Gruppen zu acht oder zehnt stehen Leute zusammen, diskutieren über das Schicksal des Künstlerhauses, auch "Haus des Dichters" genannt, im Kontext auch über das Klima in der Stadt. Steeven Fabian Bonig - genannt Bone - sieht sein Werk, vor allem die künstlerische Installation im Haus, aber auch den Charakter des Hauses als nicht saniertes, sondern erhaltenes Denkmal der Zeitläufte, nun der Zerstörung ausgesetzt.
Hält sich die Polizei raus?
Immerhin vergehe sich der Hauseigentümer an seinem Eigentum, aber die Polizei schreite trotz dreimaliger Anforderung nicht ein, erläutert Bone. Die Kündigung des Mietvertrags sei aus seiner Sicht nicht rechtskräftig, weil seitens des Hauseigentümers die Kündigungsfrist nicht eingehalten worden sei, worauf er diesen in einem Widerspruch hingewiesen habe.
Einen Anwalt, der rechtliche Schritte gegen das Vorgehen des Hauseigentümers einleiten könne, habe er nicht erreichen können - immerhin ist Wochenende. Besonders ärgert Bone, bei dem in den vergangenen Jahren neben Besuchern der Stadt Görlitz kleine und große Künstler, Politiker und Wirtschaftsleute ein- und ausgingen, dass sein Eigentum nicht schonend behandelt werde: "Es geht viel kaputt."
Erst vor kurzem war mit einem Rettungsfilm, in dem sich unter anderem der bekannte Kabarettist Uwe Steimle und der sächsiche CDU Generalsekretär und Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer - der auch den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich ins Haus brachte - wertschätzend über das Bonehaus äußerten, versucht worden, das Blatt zu wenden. Doch der Vermieter scheint inzwischen alle Dialogversuche abzublocken.
Auch eine örtliche Lokalzeitung hat die aktuelle Entwicklung aufgegriffen und berichtetet am heutigen 16. April 2016 unter der pessimistischen Überschrift "Aus für Kunsthaus Bone".
Inzwischen versuchen Aktivisten und Freunde das scheinbar Unmögliche: Das Künstlerhaus Görlitz zu retten. Doch für vieles, was diskutiert wird - Förderverein, Crowd Funding, EU-Fördermittel - scheint es zu spät. Und es gibt zwei Pole, denen Lösungen wohl nur schwer beizubringen wären: Dem Künstler Bone, der in seiner von biederen Maßstäben gelösten Gedankenwelt an einen Jacob Böhme erinnert, und dem Vermieter, der nicht mehr anders will, als er könnte.
Kommentar:
Fakt ist: Die Stadt Görlitz wird ärmer, wenn sie das Bonehaus verliert - als Kunstwerk, aber auch als Begegnungsort der Denker und Freigeister.
All jene, die das Haus in der Vergangenheit lobten, seiner Faszination erlegen waren, sollten auch jetzt nicht schweigen.
Der Osten hat - nach all den Abwicklungs-Orgien seit den neunziger Jahren - gelernt, mit einem angedeutetem Schulterzucken zu sagen: "Ach, sieh an, das gibt es auch nicht mehr." Wird nun aber auch noch der Basiskultur, in der sich Menschen ohne materielle Interessen und ohne Förderung aus öffentlichen Mitteln engagieren, der Boden entzogen, wird Engagement im Keim erstickt. Was bleiben würde, wäre die Resignation des institutionalisierten Kulturbetriebs, der Kultur als verbraucherorientierte Serviceleistung definiert: uniform, austauschbar, sich selbst beweihräuchernd.
Kunst und Kultur brauchen Menschen wie den Dichter und Installationskünstler Steeven Fabian Bonig und sind gut beraten, sich für Freiräume für sie einzusetzen. Eine Stadt wie Görlitz, die den Anspruch hatte, Europas Kulturhaupstadt zu werden, sollte sich ganz besonders angesprochen fühlen - ganz gleich, wie glücklich Bone bislang agierte.
Überhaupt: Wer sich jahrelang dafür auf die Brust schlug, dass "wir das Bonehaus haben", ist jetzt gefragt,
meint Ihr Fritz R. Stänker
Mehr über das Bonehaus erfahren:
12.04.2016: Neues vom Bonehaus
Bonehaus - ein Problem weniger?
Von Peter Strittmatter am 17.04.2016 - 11:21Uhr
Lange Zeit war das "Bone-Haus" für viele von uns ein Ort der Begegnung mit Menschen, die hier in offener Diskussion streitbar ihre Meinung vertreten konnten und uns oft zum Nachdenken brachten, ob unsere eigenen Ideen nicht des Überdenkens wert wären.
Ich nehme an, viele in der Stadt (Verwaltung) sind froh, dieses "Problem" los zu werden, hoffe aber, sie müssten sich weiter damit befassen. So billig sollte Kultur nicht zu Grabe getragen werden.
Der Stadt und den Menschen wird ein nicht wieder gutzumachender Schaden zugefügt.
Vielleicht aber sind die Bretter vor dem Kopf doch zu groß für eine Lösung.
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- Quelle: Thomas Beier | Kommentar: Fritz Rudolph Stänker
- Erstellt am 16.04.2016 - 13:59Uhr | Zuletzt geändert am 12.11.2017 - 17:13Uhr
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